Wien, Brücke zwischen Ost und West

Wien, Brücke zwischen Ost und West

Sie kamen aus zahlreichen Ländern des europäischen Kontinents. Ihr gemeinsames Ziel: versöhnte Einheit zwischen den verschiedenen Kirchen und Kulturen sowie Solidarität und Integration in Europa.

Von 9. – 11. November 2017 haben sich in der österreichischen Hauptstadt 130 Vertreter von 44 Bewegungen, Gemeinschaften und Vereinigungen des ökumenischen Netzwerkes Miteinander für Europa zu ihrem jährlichen Kongress versammelt.

Sie wollten über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Miteinanders  reflektieren. „Es braucht eine ‚dialogische Aktion‘ – so hatte es Ilona Tóth, Mitglied des Leitungskomitees von Miteinander für Europa am 29.10.2017 formuliert, nachdem sie am Treffen „(Re)thinking Europe” der COMECE in Rom teilgenommen hatte. Erklärend fügte sie hinzu: „Das bedeutet, ein Problem gemeinsam zu prüfen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen“. Und so geschah es in Wien.

Ökumenisches Gebet für Europa

Für die Kongressteilnehmer gab es am Abend des 9. November eine Verabredung in der Wiener Innenstadt, im Stephansdom. Mit  Kardinal Christoph Schönborn, einer Schar von Vertretern verschiedener Kirchen und Hunderten von Anwesenden, erklang in einer starken Verbundenheit ein feierliches Gebet für ein Miteinander der Kulturen und Generationen und für den Frieden. Das Datum birgt einen nicht unbedeutenden Zufall:  Nach dem 9.11. 1938 (Reichspogromnacht),  dem 9.11. 1989 (Fall der Berliner Mauer) erscheint der  9.11.2017, Tag des ökumenischen Gebets, als eine wichtige Etappe auf dem Weg des Miteinanders und als Zeichen für den Frieden in Europa. Siehe Artikel, Fotos, Video>

 Ideenaustausch beim Kongress 

Beiträge, ein intensiver Austausch von Ideen und Erfahrungen sowie Momente des Gebets waren Hauptteile des Kongress-Programmes. P. Heinrich Walter (Schönstatt) präsentierte die achtzehnjährige Geschichte des Miteinander für Europa.  „Aus tiefen Wurzeln ist ein fruchtbarer Baum der Einheit für Europa gewachsen“, erklärte er und erinnerte u.a. an 1999, als im Zuge der Feier der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre in Augsburg, die Zusammenarbeit für Europa von christlichen Gemeinschaften, Kommunitäten, Werken und freien Gemeinden begann.

Gérard Testard (Efesia, Frankreich) erläuterte kurz und deutlich den derzeitigen Kontext der Krisen und Hoffnungen in Europa.

Gerhard Proß (CVJM Esslingen) sprach anschließend von einem „Europa in der Herausforderung“. „Unser Miteinander ist eine prophetische Botschaft. Unsere prophetische Botschaft ist die Kultur des Miteinanders für Europa“ sagte Proß und erinnerte an die 7 JA der Netzwerkorganisation: „Wir sagen ja zu einem Europa, dem Gott im Laufe der Geschichte eine Berufung anvertraut hat: das Miteinander von Himmel und Erde, das Miteinander von Glaube und Weltgestaltung, denn im Gekreuzigten begegnen sich Himmel und Erde.“

Dann übernahm Pál Tóth (Fokolar-Bewegung, Ungarn) das Wort und bot mit dem Thema „Eine Kultur der Begegnung und des Dialogs zwischen Ost und West“ einen Blick auf die Zukunft von Miteinander für Europa. Es folgte ein eindrucksvolles Podiumsgespräch mit Teilnehmern aus der Ukraine, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Russland. Kommunikationswissenschaftler Tóth zeigte die Unterschiede der östlichen Länder mit dem Westen auf und wagte eine Steilvorlage:  Miteinander für Europa könnte immer mehr zu einer Dialogplattform, ja, zu einer Schule des intereuropäischen Dialogs werden. Unter den Vorzeichen von Gleichheit und gegenseitiger Anerkennung… „könnte ein neuer Typus von Diskurs in der Weisheit entstehen, in dem man auch Elend und Mangel im Hinblick auf Erlösung und Auferstehung sieht.“

Und wie geht es weiter?

Durch zahlreiche Reflexionen im Plenum und in Sprachgruppen wurden alle Teilnehmer immer wieder aufgefordert, sich aktiv mit der eigenen Meinung und  Erfahrung in den Arbeitsprozess einzubringen. Die am letzten Tag von Thomas Römer (CVJM München) und Sr. Vernita Weiß (Schönstatt) gestellte Frage: „Wie geht es weiter?“  war der Anstoß, gemeinsam um den Heiligen Geist zu bitten. Einige hervorgegangene Vorschläge: Begegnungen und gegenseitige Besuche intensivieren, um sich als Bewegungen und Länder besser kennenzulernen und den Geist des gelebten Miteinanders zu stärken;  auf Anregung von Jeff Fountain (Schuman Center for Europeen Studies, Niederlande) und der MfE- Gruppe aus Rom soll der 9. Mai – in vielen Ländern bereits Europatag – genutzt werden, um in lokalen Aktionen die Botschaft vom Miteinander zu verbreiten.

Das abschließend erneuerte „Bündnis“ – ein feierliches Versprechen der gegenseitigen Liebe – hat das gemeinsame Engagement vor Gott besiegelt und Mut und Zuversicht für die kommende Zeit geschenkt.

Das nächste Trägerkreistreffen wird in Prag (Tschechische Republik) vom 15.-17.11.2018 stattfinden. Dort soll der Dialog Ost-West im Miteinander für Europa weitergeführt werden. Gemeinsam hat man den Weg in eine vielversprechende Zukunft eingeschlagen.

Beatriz Lauenroth

Hier einige der wichtigsten Beiträge zum Herunterladen:

2017 11 10 Gérard Testard – Die politische Situation Europas
2017 11 10 Gerhard Pross – Europa in der Herausforderung
2017 11 10 P. Heinrich Walter – Früchte von Miteinander für Europa 
2017 11 10 Pal Toth – Kultur der Begegnung und Dialog zwischen Ost- und Westeuropa

 

Der Stephansdom Wien im Zentrum Europas

Der Stephansdom Wien im Zentrum Europas

Ökumenisches Gebet für Europa. Am 9.11.2017 stand der Stephansdom im Zentrum Europas. 

Sichtbar, einladend, europäisch – so präsentierte sich heute Abend das „Ökumenische Gebet für Europa“ im Stephansdom in Wien.

Im Herzen der österreichischen Hauptstadt waren am Vorabend ihres jährlichen Kongresses Menschen der christlichen Netzwerkorganisation Miteinander für Europa und aus ganz Österreich zusammengekommen. Ihr Anliegen: Einheit und Versöhnung der verschiedenen Konfessionen und Kulturen sowie Solidarität und Integration in Europa.

Mit Christoph Kardinal Schönborn, der eine ökumenische Schar geistlicher Würdenträger anführte, versammelten sich Hunderte von Menschen unter dem  Lettner-Kreuz im Dom, Erinnerung an die Opfer der zwei Weltkriege. „Von uns wird heute nicht erwartet, dass wir in Europa herrschen, sondern dienen“, unterstrich der Kardinal in seiner Ansprache.

In starker Verbundenheit erklang dann das feierliche Gebet um ein Miteinander von Kulturen, Generationen und um den Frieden. ” „Das Gebet war ein vielsprachiges, sichtbares, europäisches Hoffnungszeichen“, sagte  ein  Teilnehmer des Abends. „Es gibt Mut für die Zukunft.“

Video Ökumenisches Gebet Stephansdom>

Beim anschließenden Empfang unterstrichen Landessuperintendent Thomas Hennefeld (s. u. Text zum Herunterladen), Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), und Jörg Wojahn, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, die christlichen Werte als Basis für ein geeintes Europa. „Wir brauchen jeden“, lud der Vertreter der EU die Anwesenden mit Nachdruck ein.

Nach dem 9.11. 1938 (Reichspogromnacht),  dem 9.11. 1989 (Fall der Berliner Mauer) wird der 9.11.2017, Tag des ökumenischen Gebets, vielleicht eine bedeutende Etappe auf dem Weg des Miteinander und ein Zeichen für Europa?

Zum Herunterladen: Grußwort von Landessuperintendent Thomas Hennefeld – MfE Wien, 9.11.2017>>

Beatriz Lauenroth;  Foto: Annemarie Baumgarten

 

555 Jahre!

555 Jahre!

„Verborgene Schätze“ in Wien

31.10.2017 = 555 Jahre! Ich verrate das Geheimnis: 500 Jahre = Luthers Reformation; 50 Jahre = so alt bin ich an diesem Tag geworden! 5 Jahre = so lange lebe ich in Österreich.

Als ich diesen sympathischen Zusammenfall  von Ereignissen feststellte, fragte ich mich: Wie kann ich meinen Geburtstag feiern und meine persönliche Geschichte mit jener der Ökumene in Beziehung bringen?

Ich bin Schweizerin, meine Mutter gehört der reformierten Kirche an, mein  Vater ist katholisch. Wir Kinder wurden in der reformierten Kirche getauft, aber dann haben wir unterschiedliche Wege eingeschlagen. Ich trat als Kind der Katholischen Kirche bei. Dieser lebensgeschichtliche Hintergrund erklärt wohl auch, warum die Leidenschaft für die Einheit der Kirche in mir so gross ist. Heute lebe ich in einer Gemeinschaft der Fokolarbewegung in Wien.

Bei einem Treffen  über geweihtes Leben im ökumenischen Lebenszentrum in Ottmaring (bei Augsburg) mit dem emeritierten lutherischen Bischof Herwig Sturm, durfte ich «Luther» mit Bildern, Worten und Tanz (von Beruf bin ich Tänzerin) vorstellen. Warum dies nicht an meiner Geburtstagsfeier wiederholen?

 

Mehr als 60 Gratulanten fanden sich am 29. Oktober „Am Spiegeln“, dem Begegnungszentrum der Fokolare in Wien, ein. Anstatt mir Geschenke zu bringen, haben sie meinem Wunsch entsprochen, für die Übersetzungskosten beim bevorstehenden europäischen Trägerkreis-Treffen von Miteinander für Europa, im selben Zentrum in Wien, einen Beitrag zu leisten.

Welche Freude dann, den gesammelten Betrag persönlich dem internationalen Komitee überreichen zu können!

Roswitha Oberfeld, Wien